Marie und Julia Wasem leiten das Weingut „Wasem Doppelstück“ in Ingelheim. Mit Schwesternpower, Unterstützung von der Familie und im engen Austausch mit anderen Winzerinnen und Winzern meistern sie die Umstellung vom konventionellen zum Ökobetrieb. Das Ergebnis: hochwertiger, aromatischer Wein aus ökologischem Anbau aus der Region.
Zutraulich sitzt das Huhn auf Marie Wasems Schoß, lässt sich eine Zeit lang die Federn streicheln. Schließlich hüpft es auf den Boden, läuft vier weiteren Artgenossinnen gackernd hinterher. „Die bekommen nur Biofutter“, lacht Marie Wasem. „Schließlich betreiben wir unseren Ökoweinbau aus Überzeugung. Bio ist eine Lebensphilosophie, die sich in unserem gesamten Betrieb widerspiegelt“, erklärt die 26-Jährige.
„Bio ist eine Lebensphilosophie, die sich in unserem gesamten Betrieb widerspiegelt.“
Marie Wasem
Wasem Doppelstück – Familienbetrieb nach eigenen Wünschen.
2019 haben die Schwestern Marie und Julia Wasem den Betrieb „Wasem Doppelstück“ in Ingelheim gegründet. Das Land stammt aus Familienbesitz. Denn die Familie Wasem ist schon seit vier Generationen im Weinbau tätig. Unterstützung bekommen sie dabei von Vater Burkhard und Mutter Ilona.
Als studierte Betriebswirtin führt Marie das junge Unternehmen und kümmert sich um den Vertrieb sowie das Marketing. Außerdem betreut sie die Kund:innen vor Ort bei verschiedenen Weinproben. Ihre jüngere Schwester Julia studierte in Geisenheim Weinbau und Önologie, ein Bereich der Weinproduktion. Als ausgebildete Önologin wird sich Julia künftig – unterstützt von ihrem Vater – auf die Weinproduktion und den Außenbetrieb konzentrieren.
Ökoweinbau aus Überzeugung.
Noch vor Gründung des Betriebs überzeugte die jüngere der beiden Schwestern die anderen Familienmitglieder davon, dass im ökologischen Anbau die Zukunft liegt. Denn die Produktion von hochwertigem Wein und die Schonung des Ökosystems Weinberg inklusive Natur- und Artenschutz schließen sich nicht aus. „Ein nachhaltiger Umgang mit Wasser und Boden und die Förderung von Nützlingen im Weinberg bringen gesunde Reben und guten Wein“, erklärt Julia Wasem. Auf chemisch-synthetische Mittel, wie Herbizide, die zur Bekämpfung von Schädlingen eingesetzt werden, verzichten die Wasems. „Um das Bodenleben und die Artenvielfalt so aktiv wie möglich zu halten, arbeiten wir mit Begrünungen im Weinberg.
Die Pflanzenvielfalt der Begrünung bietet zahlreiche Nahrungsquellen und Lebensraum für verschiedene Tierarten“, weiß Julia Wasem. Damit der Boden genügend Nährstoffe liefert und zu einer ertragreichen Ernte führt, bringt die Familie organischen Humus aus. Auch der Trester – also die Reste der Traube, die bei der Weinverarbeitung anfallen – eignet sich gut zur Nährstoffanreicherung.
„Ein nachhaltiger Umgang mit Wasser und Boden und die Förderung von Nützlingen im Weinberg bringen gesunde Reben und guten Wein.“
Julia Wasem
„Herkunft, eine Vielfalt an Aromen, verschiedene Lagen, aber eben auch die schonend behandelten Böden und die Mühe des Winzers spiegeln sich in unseren Produkten wider – Kund:innen wissen unseren ökologisch produzierten Wein zu schätzen“, erklärt Marie den Marktvorteil der Doppelstück-Weine gegenüber herkömmlich produziertem Wein. Drei Jahre dauert die Umstellung von konventionellem zu ökologischem Weinbau. Nach dieser Zeit haben sich die Pflanzen und das Bodenleben im Weinberg erholt. Der „Wasem Doppelstück“-Betrieb befindet sich momentan im zweiten Jahr. „2022 können wir endlich sagen: Wir sind öko!‘“, freut sich Marie Wasem. Dann bekommen unsere Weine ein Ökosiegel.
Austausch mit jungen Winzer:innen.
Dass der Ökoweinbau besondere Herausforderungen mit sich bringt, haben Marie und Julia Wasem besonders in diesem Jahr erfahren. „Der Sommer war bislang sehr feucht und schwül. Daher hatten wir mit Mehltau zu kämpfen“, erläutert Julia.
Die Pilzart befällt Weinblätter und legt sich über diese wie ein weißgrauer Schleier. Mit synthetischen Pestiziden konnten die Wasems ihre Rebstöcke nicht behandeln. Die Lösung: unter anderem Backpulver. „Während chemisch-synthetische Mittel in die Pflanze eindringen und diese von innen heraus schützen, darf in einem Ökobetrieb nur mit sogenannten Netzmitteln, also einem Schutz von außen, gearbeitet werden. Damit dieser stetig gewährleistet ist, müssen wir den ökologischen Pflanzenschutz in regelmäßigen Abständen ausbringen“, so Julia Wasem.
Solche und andere wertvolle Tipps bekommen die Geschwister Wasem von anderen Bio-Winzer:innen. Ein enger Austausch über Erfolg und Misserfolg von Behandlungsmethoden, aber auch das Teilen der Sorgen, erleichtern den Betriebsalltag. Im Netzwerk „Generation Riesling“ erfährt Marie Wasem oft Hilfreiches zum Thema Betrieb und Betriebsführung. „Die Initiative besteht aus mehreren Hundert Frauen und Männern zwischen 20 und 35 Jahren. Alle gehen selbstbewusst ihren Weg. Gerade junge Winzerinnen und Winzer müssen anfangs oft noch um Anerkennung kämpfen“, findet Marie Wasem. Dabei zeichnen sich die jungen Kolleg:innen vor allem durch ihren Ideenreichtum aus. Ob Online-Weinproben, Weinyoga oder das Anbieten von Junggesell:innenabschieden – auch die Schwestern Wasem bieten Kund:innen und Interessierten unkonventionelle Möglichkeiten, Doppelstück-Wein kennen und schätzen zu lernen. Den jahrhundertealten Keller haben Marie und Julia ausgebaut und in eine einladende Vinothek verwandelt.
Hier können die Besucher:innen alle Weine verkosten und mitnehmen. „Ganz gleich, ob Rotwein, Weißwein, Rosé oder Sekt – wir haben alles im Angebot. Auch auf unserer Website kann man ein Probierpaket mit einer Auswahl unserer besten Weine bestellen“, so Marie Wasem.
Mehr Infos zum Weingut „Wasem Doppelstück“ sowie den Weinshop finden Sie hier.
Bildnachweis: Weingut „Wasem Doppelstück“