Vor zehn Jahren hat die Rheinhessische ihr gesamtes Portfolio auf hochwertigen, zertifizierten Ökostrom umgestellt – und gehörte damit zu den Vorreitern in der Energiewelt. Geschäftsführer Peter Hausen erzählt im Interview von den Hintergründen und der Motivation und erklärt, was die Qualität echten Ökostroms ausmacht.
Einblicke: Seit zehn Jahren liefert die Rheinhessische Ökostrom ohne Aufpreis. Welches Produkt genau bekommen Ihre Kundinnen und Kunden?
Peter Hausen:
Hochwertigen Ökostrom aus Wasserkraft, vorrangig erzeugt in alpenländischen Laufwasserkraftwerken, durch deren Turbinen Regen-, Quell- und Schmelzwasser strömt. Für die Alpenländer haben wir uns entschieden, weil wir dort in zertifizierten Kraftwerken jederzeit ausreichende Kapazitäten echten Ökostroms zu vertretbaren Preisen beziehen können und dieser physikalisch auch tatsächlich ins deutsche Stromnetz eingespeist wird. Damit haben wir eine Win-win-Situation geschaffen: für die Rheinhessische, die dort einen zuverlässigen Partner gefunden hat und für unsere Kunden, die jederzeit fair und sicher mit Ökostrom zu günstigen und marktgerechten Preisen versorgt werden.
Lässt sich die Qualität nachweisen?
Von Beginn an arbeiten wir mit äußerst zuverlässigen Partnern zusammen, die den eingekauften Ökostrom ins deutsche Stromnetz einspeisen und damit klimaschädlichen Graustrom aus Kohle – aber natürlich auch Atomstrom – verdrängen. Dieses Vorgehen lassen wir uns durch den TÜV Süd jedes Jahr zertifizieren. Die Kosten dafür tragen selbstverständlich wir.
Woran können Laien echten Ökostrom erkennen?
Ökostrom ist leider kein geschützter Begriff. Es gibt zahlreiche Anbieter, die ihren Strom „grün waschen“ und über die Strombörse einen Strommix beziehen – mit Anteilen aus Kohle und Kernenergie. Grundsätzlich muss zwar jeder Energieanbieter, der seinen Kunden Ökostrom verkauft, dafür Herkunftsnachweise des Umweltbundesamts Dessau verwenden und entwerten. Solch ein Nachweis stellt sicher, dass jede regenerativ produzierte Kilowattstunde nicht doppelt vermarktet wird. Allerdings ist das noch kein Qualitätssiegel. Denn es verhindert nicht, dass Anbieter ihren Atom- und Kohlestrom mit zusätzlich eingekauften Herkunftsnachweisen als Ökostrom deklarieren. Denn diese Zertifikate dürfen unabhängig von den tatsächlichen Strommengen gehandelt werden.
„Es gibt zahlreiche Anbieter, die ihren Strom ‚grün waschen‘ und über die Strombörse einen Strommix beziehen, der auch Kohle und Atom enthält.“
Peter Hausen, Geschäftsführer der Rheinhessischen
Und was macht die Rheinhessische anders?
Wir sichern von Beginn an die Lieferkette über die optionale Kopplung ab. Das bedeutet, dass wir die Herkunftsnachweise und den Ökostrom vom gleichen Ökokraftwerk beziehen. Am Ende des Kalenderjahres lassen wir uns durch den TÜV Süd bestätigen, dass auch wirklich alle Kunden mit klimaneutralem Strom beliefert wurden. Sie können sich also sicher sein, dass sie hochwertigen Ökostrom aus Wasserkraft bekommen. Ein Kriterium für echt guten Ökostrom ist zudem, dass ein Teil der Erlöse in ökologische Projekte fließt, beispielsweise in neue Anlagen für erneuerbare Energien. Denn nur so treiben wir die Energiewende auch weiter voran. Wir investieren seit Jahren vor Ort in den Windpark Kandrich und betreiben zudem mehrere PV-Anlagen.
Bekomme ich Ökostrom bis in die Steckdose?
Nein, das ist physikalisch nicht möglich. Ökostrom zu beziehen heißt nicht, dass aus der Steckdose auch grüner Strom rauskommt. Alle Endkunden erhalten letztlich den gleichen Strom, der sich aus den unterschiedlichen Erzeugungsarten mischt. Man kann sich das wie eine Art Stromsee vorstellen, aus dem sich alle bedienen. Aber jede grün erzeugte Kilowattstunde, die in diesen See gelangt, macht ihn insgesamt grüner.
Beziehen eigentlich alle Ihre Kunden Ökostrom?
Definitiv ja. Jeder Haushalt und jeder Kleingewerbebetrieb erhält seit Juni 2011 klimaneutralen Strom. Zu 100 Prozent. Bis heute bieten wir keine Alternativen dazu an. Das hat den Vorteil, dass unsere Kunden keine aktive Kaufentscheidung für oder gegen Ökostrom treffen müssen. Und das Beste daran: Sie müssen keinen Aufpreis zahlen.
Wie gelingt es Ihnen, dass für die Kunden keine zusätzlichen Kosten anfallen?
Das war tatsächlich zunächst eine Herausforderung. Zur damaligen Zeit waren die Aufpreise für Ökostrom teilweise sehr hoch, die Erfahrungen der Branche in Bezug auf die Beschaffung zugleich oft sehr gering. Wir aber wollten unser gesamtes Stromportfolio schnellstmöglich umstellen – ohne dass unseren Kunden Mehrkosten dadurch entstehen. Das gelang uns sehr gut. In kurzer Zeit eigneten wir uns die entsprechenden Kompetenzen an, um die passenden Liefermengen zu akzeptablen Preisen zu beschaffen. Wir entwickelten eine langfristige Einkaufsstrategie, die sich bis heute bewährt und unseren Kunden echten Ökostrom zu günstigen Konditionen sichert. Zum aktuellen Zeitpunkt haben wir uns beispielweise bereits mit ausreichenden Mengen bis 2024 eingedeckt.
Warum enthält der Strommix der Rheinhessischen eigentlich auch sogenannte EEG-Anlagen?
Das ist etwas verwirrend. Der Ausbau erneuerbarer Energien ist in Deutschland gesetzlich geregelt – über das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Dieser Strom darf deshalb nicht gesondert als Ökostrom verkauft werden, er erhält keinen Herkunftsnachweis. Stattdessen verpflichtet uns der Gesetzgeber, den nach dem EEG erzeugten Strom im Strommix auszuweisen – bei uns ein theoretischer Anteil von 60,3 Prozent. Man könnte also denken, dass wir nur knapp 40 Prozent Ökostrom anbieten. Tatsache ist aber, dass wir ungeachtet der Rechengrößen 100 Prozent unseres Portfolios aus Wasserkraftstrom beziehen.
„Durch die Umstellung auf Ökostrom haben wir bis heute bereits 300.000 Tonnen CO2 eingespart.“ Peter Hausen, Geschäftsführer der Rheinhessischen
Ökostromanbieter gibt es inzwischen wie Sand am Meer. Das war vor zehn Jahren noch nicht so. Was hat Sie als Geschäftsführer damals motiviert, diesen Schritt zu gehen?
Ausschlaggebend war das in 2010 von der Bundesregierung vorgestellte Diskussionspapier zur Energiewende. Hier wurde ein energiepolitisches Zieldreieck definiert, das unseren Anspruch sehr gut widerspiegelte: Die Energieversorgung mit Strom muss sicher, bezahlbar und ökologisch nachhaltig sein. Im Juni 2011 wurden dann die ersten Gesetze zum schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie und zur Förderung der erneuerbaren Energien erlassen. Wir wollten aber direkt handeln und hatten zu diesem Zeitpunkt unser gesamtes Portfolio bereits auf 100 Prozent Ökostrom umgestellt.
Dann waren Sie ein Vorreiter beim Klimaschutz …
… man kann durchaus sagen, dass wir als Pionier am Markt agiert haben. Darauf sind wir auch heute noch stolz. Seit zehn Jahren engagieren wir uns durch den Umstieg auf Ökostrom für den Klimaschutz – gemeinsam mit unseren Kunden sehen wir uns als Förderer der Energiewende und einer nachhaltigen Zukunft. Durch die Umstellung auf Ökostrom haben wir bis heute bereits 300.000 Tonnen CO2 eingespart.
Was bedeutet Ihnen der Umstieg auf Ökostrom persönlich?
Seit zehn Jahren leisten wir – und ich möchte deutlich betonen – gemeinsamen mit unseren Kunden einen nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz und sehen uns als Förderer der Energiewende. Klimaschutz erlaubt keine halben Sachen und wir als Unternehmen haben dafür eine Verantwortung zu tragen. Natürlich treibt mich ganz persönlich dabei meine eigene Familie an. Schließlich stellt sich uns jeden Tag die Frage, welche Welt wir unseren Kindern und Enkelkindern hinterlassen wollen.
Zur Person:
Peter Hausen steht seit 20 Jahren als Geschäftsführer an der Spitze der Rheinhessischen. In seiner Ära hat er die nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens stark vorangetrieben – mit Erfolg. Der 63-Jährige fühlt sich mit der Region verbunden. Am 31.05.2021 wird Peter Hausen sein Amt an seinen Nachfolger Martin Wunderlich abgeben, der zuvor 22 Jahre den Vertrieb leitete.
„Schließlich stellt sich uns jeden Tag die Frage, welche Welt wir unseren Kindern und Enkelkindern hinterlassen wollen.“
Peter Hausen, Geschäftsführer der Rheinhessischen
Das Stromsee-Modell.
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