Weiterlesen …
©Andreas Hettich
NachhaltigkeitRegional

Mehr als ein Gemüsegarten: Hier wächst Gemeinschaft.

Zurück zur Beitragsübersicht

Einfach machen: Wie aus einer guten Idee durch Menschen, die anpacken, ein lebendiges Gartenprojekt in Heidesheim wurde. 

Mit Herz und Hacke.

Wenn Andreas Hettich von „seinem Garten“ spricht, meint er nicht ein Stück Wiese hinterm Reihenhaus, sondern ein weitläufiges Grundstück am Ortsrand von Heidesheim. Seit 2021 baut er dort mit Gleichgesinnten Obst und Gemüse an. Schon lange träumte der Heidesheimer davon, einen Garten gemeinschaftlich zu bewirtschaften und zugleich einen Ort zu schaffen, der Menschen zusammenführt. Während der Corona-Zeit setzte er seinen Plan schließlich in die Tat um. Damals unterstützte er als Freiwilliger das Mehrgenerationenhaus in Ingelheim, übernahm zum Beispiel Einkäufe für ältere Menschen. Diese sogenannten „Kümmerer“ sind Teil der Ehrenamtsinitiativen des Mehrgenerationenhauses, das freiwilliges Engagement koordiniert und dabei Menschen zusammenbringt, die andere im Alltag unterstützen wollen. 

Ein Stück Land, ein paar Gartengeräte und eine Prise Idealismus – mehr brauchte Andreas Hettich nicht. Inspiriert von der Mainzer Initiative „Essbare Stadt“ recherchierte er seine Idee und entwarf schließlich ein Konzept. Das Mehrgenerationenhaus half ihm, ein Grundstück zu finden, und übernahm den langjährigen Pachtvertrag. Ein Artikel in der Lokalzeitung brachte die ersten Mitstreiter:innen. Bevor es losging, finanzierte die Initiative „Essbare Stadt“ die Grundausstattung: Gartengeräte, ein kleines Gartenhäuschen, Saatgut und einen großen Wassertank. Der örtliche Bauhof unterstützte das Projekt von Anfang an, half beim Umgraben und Mulchen und liefert bis heute regelmäßig Wasser. Die Kosten für Wasser, Pflanzen und weitere Anschaffungen trägt das Mehrgenerationenhaus.  

Naturnah, nachhaltig, nachbarschaftlich.

Der Garten, eine rund 20 mal 150 Meter große Parzelle, grenzt an Obstplantagen und Wiesen. Er ist nicht vollständig bewirtschaftet und bewusst naturnah angelegt. Neben Gemüsebeeten blüht eine wilde Blumenwiese, dazwischen stehen Obstbäume wie Quitte, Kirsche und Apfel. „Für uns gehören Ökologie und Vielfalt dazu“, betont Andreas Hettich. Ob beim Gießen, Pflanzen oder Ernten – hier geht es nicht nur um Gemüse, sondern auch um Gemeinschaft: „Wenn Entscheidungen anstehen, besprechen wir uns und finden immer gute Lösungen“, erklärt er. Gemeinsam legen sie fest, wer Unkraut jätet oder wann gegossen wird. Das Gießen ist vor allem im Sommer aufwendig, weil es nur per Hand mit Gießkannen möglich ist. Auch bei der Ernte gehen sie gemeinschaftlich vor: „Meist bauen wir alles zusammen an und ernten auch gemeinsam.“  Die Gemeinschaft lebt von Flexibilität und offenen Strukturen: Jeder bringt sich nach seinen Fähigkeiten und Interessen ein. „Die erfahreneren Gärtner:innen ziehen zum Beispiel alte Gemüsesorten daheim vor“, erzählt Andreas Hettich. Feste Regeln gibt es kaum – außer dem Verzicht auf chemische Dünger und Schädlingsbekämpfungsmittel.

©Andreas Hettich

Gelebte Gemeinschaft.

Das Mehrgenerationenhaus organisiert regelmäßig Mitmachtage, die oft neue Teilnehmer:innen bringen. Doch mit der Zeit sind einige Gärtner:innen wieder ausgestiegen und auch die Kinder der nahe gelegenen Kita kommen nicht mehr. „Vielleicht war der Weg für die Kleinen doch zu weit“, vermutet Andreas Hettich. „Mittlerweile sind wir nur noch zu dritt“, bedauert er.  

Deshalb bauen sie weniger an als früher, derzeit Tomaten, Zucchini, Kürbisse, Chilis, Mangold und Zwiebeln, es gibt eine Kräuterecke und ein paar Erdbeerpflanzen. „Wir achten darauf, nicht zu viel anzubauen, damit wir nichts wegwerfen müssen“, unterstreicht Andreas Hettich den nachhaltigen Ansatz des Gemeinschaftsgartens. In Jahren mit großen Ernten verschenken sie viel an Familie und Nachbarn, kochen Kirschen oder Tomaten ein. „Es gab schon mal so viele Tomaten und Zucchini, dass wir ständig Rezepte austauschten, um das Gemüse zu verarbeiten“, erzählt er schmunzelnd. Ein Nachbar habe immer noch Püree im Keller, das er vor einigen Jahren während einer „Tomatenschwemme“ eingekocht hat.  

 

„Für mich ist Gartenarbeit Entspannung nach einem langen Arbeitstag.“ 

Andreas Hettich  

Arbeit, die sich lohnt.

„Wir sind keine Profis im Gärtnern, aber wir lernen jedes Jahr dazu und haben inzwischen einiges an Erfahrung gesammelt“, sagt Andreas Hettich zufrieden. Das Team weiß inzwischen: Tomaten pflanzt man besser erst nach den Eisheiligen und Karotten brauchen viel Pflege. Doch nicht nur das Gemüse gedeiht – auch die Schädlinge haben den Garten entdeckt. „Letztes Jahr hatten wir große Probleme mit Schnecken, Kartoffelkäfer gab es dagegen kaum“, erinnert sich der begeisterte Gärtner. 

Trotz aller Anstrengungen: Die Arbeit lohnt sich. „Meist schaue ich zwei- bis dreimal die Woche vorbei, im Sommer zum Gießen auch öfter.“ Das stört ihn nicht. „Für mich ist Gartenarbeit Entspannung nach einem langen Arbeitstag. Und: Wer einmal erlebt hat, wie viel Mühe in einem Korb voll frischem Gemüse steckt, gewinnt eine ganz neue Wertschätzung für Lebensmittel. „Es ist eine gute Erfahrung, mal selbst für ein paar Tomatenstauden zu sorgen“, bringt es Andreas Hettich auf den Punkt.

Mitstreiter:innen gesucht.

„Wir sind für alle offen. Hier kann sich jeder ausleben. Die eine pflanzt lieber Blumen, der andere Tomaten“, weiß Andreas Hettich. Derzeit sucht er Mitstreiter:innen, denn: „Das Grundstück ist groß, aber unsere Kapazitäten sind begrenzt. Mit mehr Personen wäre es möglich, mehr anzubauen“, führt er aus. Und ruft Interessierte dazu auf, sich bei ihm zu melden: „Wir freuen uns über neue Gleichgesinnte.“ Der Heidesheimer Gemeinschaftsgarten zeigt, wie unkompliziert aus einer Vision ein lebendiges Projekt werden kann. Wer mitmachen möchte, meldet sich per E-Mail bei Andreas Hettich: hettichandreas@aol.com 

Zurück zur Übersicht