Lange ließ es auf sich warten, jetzt hat das Solarpaket 1 den Bundestag passiert. Und bringt einige Änderungen mit sich. Besonders für Balkonkraftwerke. So wird es in Zukunft noch leichter, eigenen Sonnenstrom auf dem Balkon zu produzieren. Die Rheinhessische hat die wichtigsten Neuerungen rund um die kleinen Kraftwerke zusammengefasst.
Das ändert sich gesetzlich für Balkonsolaranlagen 2024.
Solarstrom vom eigenen Balkon direkt in die Steckdose: Balkonsolaranlagen sind ein wichtiger Mosaikstein beim Ausbau der Photovoltaik in Deutschland. Und die kleinen Kraftwerke haben Konjunktur: Bereits mehr als 400.000 solcher Geräte sind hierzulande aktuell in Betrieb. Nun sollen Installation und Inbetriebnahme der Anlagen vereinfacht werden. Das hat die Bundesregierung in ihrem Solarpaket 1 beschlossen, das am 26. April 2024 Bundestag und Bundesrat passierte. Mit dem Paket kommen eine Fülle von Maßnahmen, die den Photovoltaikausbau in Deutschland in erster Linie entbürokratisieren und beschleunigen sollen.
Was ist ein Balkonkraftwerk?
Wer sich für eine Balkonsolaranlage interessiert, sollte grundsätzlich wissen: Ein Solarkleinkraftwerk besteht aus einem bis drei Modulen und einem Wechselrichter. Die offizielle Bezeichnung lautet übrigens Steckersolargerät. Doch es kursieren noch viele weitere Begriffe wie steckbare PV-Anlage, Stecker-PV-Anlage, Mini-PV-Anlage, Balkon-PV, Plug-in-PV oder Plug-and-Play-PV. Der größte Teil des erzeugten Stroms wird direkt im Hausnetz verbraucht. Das ist wirtschaftlich sinnvoll, denn der Solarstrom ist deutlich günstiger als jener aus dem öffentlichen Netz. Eine Kilowattstunde (kWh) Solarstrom kostet je nach Anlagengröße, Standort und Sonneneinstrahlung zwischen 8 und 13 Cent. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Strompreis liegt in Deutschland noch bei rund 38 Cent pro kWh. Überschüssiger Strom fließt entweder ins Netz oder – falls vorhanden – zunächst in einen Zwischenspeicher. Worauf es bei der Installation ankommt und wie das Ganze in der Praxis aussieht, lesen Sie in unserem Testbericht.
Meldung beim Netzbetreiber nicht mehr nötig.
Bisher musste man vor der Installation einer Balkonsolaranlage den Netzbetreiber informieren. Mit dem Inkrafttreten des Solarpakets am 16. Mai ist dies nun nicht mehr erforderlich. Auch die Anmeldung beim Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur war bisher zeitaufwendig und erforderte die Angabe vieler Details. Diese Anforderungen wurden nun auf wenige, leicht einzugebende Daten reduziert. Betreiber:innen müssen lediglich ihre persönlichen Informationen sowie fünf Angaben zum Balkonkraftwerk machen und nicht mehr rund 20 wie zuvor.
Zähler ohne Rücklaufsperre als Übergangslösung erlaubt.
Weitere Erleichterung: Es muss nicht sofort ein Zweirichtungszähler eingebaut werden. Ein solcher Zähler erfasst sowohl den Strom, den eine Solaranlage ins öffentliche Netz einspeist, als auch den Strom, den der Haushalt von seinem Energieversorger bezieht. Stattdessen werden vorübergehend auch rückwärtsdrehende Zähler akzeptiert, bis ein geeichter Zweirichtungszähler installiert ist. Bei rückwärtsdrehenden Zählern handelt es sich um Geräte ohne Rücklaufsperre. Das bedeutet, sie laufen rückwärts, sobald mehr Energie in das öffentliche Stromnetz eingespeist als verbraucht wird.
Schukostecker bald ausreichend.
Bislang mussten Balkonsolaranlagen mit einem Wieland-Stecker betrieben werden. Im Gegensatz zum Schutzkontaktstecker, auch bekannt als Schukostecker, handelt es sich bei Wieland-Steckern um dreipolige Stecker, die als sicherer gelten. Sie verfügen über einen integrierten Berührungsschutz. Die Installation dieser Stecker erfordert jedoch das Fachwissen einer Elektrofachkraft, was die Kosten erhöht. Die Beauftragung einer Handwerkerin oder eines Handwerkers mit der Installation kann mit bis zu 200 Euro zu Buche schlagen. Zukünftig soll es jedoch erlaubt sein, Balkonsolaranlagen mit Schukosteckern zu betreiben. Dafür muss allerdings die aktuelle Elektronorm geändert werden. Der zuständige Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (VDE) hat bereits im Januar 2023 seine Zustimmung zur Verwendung von Schukosteckern gegeben. Derzeit wird die Norm vom VDE überarbeitet.
Tipp: Mit dem Solarpaket 1 wird die Photovoltaikstrategie der Bundesregierung in einem ersten Schritt umgesetzt. Weitere Änderungen hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in einer Übersicht.
Mehr Leistung für Mini-PV zulässig.
Auch was die Einspeiseleistung einer Balkonsolaranlage angeht, gibt es Anpassungen: Bislang durfte die Leistung des Wechselrichters maximal 600 Watt betragen. Seit Mai 2024 sind 800 Watt erlaubt. Der Wechselrichter wandelt den Gleichstrom der Solarmodule in Wechselstrom um. Die Module dürfen sogar eine Maximalleistung von bis zu 2.000 Watt erreichen, bislang waren 1.200 Watt erlaubt.
Darf ich als Mieter:in ein Balkonkraftwerk betreiben?
Um die Installation der Minikraftwerke zu erleichtern, hat das Bundesjustizministerium ergänzend zum Solarpaket 1 eine Gesetzesvorlage verabschiedet. Diese soll den Einsatz einer Balkonsolaranlage für Mieter:innen und Wohnungseigentümergemeinschaften vereinfachen. Der Entwurf sieht deshalb eine Änderung im Wohnungseigentumsrecht und im Mietrecht vor. Wer eine Balkonsolaranlage installieren möchte, dessen Vorhaben fällt nun in die Kategorie „privilegierte bauliche Veränderung“. Damit können Vermieter und Wohnungseigentumsgemeinschaften der Installation einer Balkonsolaranlage nicht mehr widersprechen. Sie sind stattdessen zur Zustimmung verpflichtet, dürfen jedoch Vorgaben machen, die beispielsweise zu einem einheitlichen Erscheinungsbild beitragen.
Das gilt aktuell bereits für Balkonsolaranlagen.
Neben den Änderungen durch das Solarpaket 1 bleiben natürlich einige ursprüngliche Regelungen bestehen. Das Wichtigste im Überblick:
Weiterhin Umsatzsteuersatz von null Prozent, Einkommenssteuer entfällt.
Seit dem 1. Januar 2023 gilt für den Erwerb, die Einfuhr, die Lieferung sowie die Installation von Photovoltaikanlagen und Batteriespeichern ein Umsatzsteuersatz von null Prozent. Diese null Prozent gelten auch für Balkonkraftwerke. Und auch die Einkommensteuer entfällt: Seit 2023 sind die Stromerträge von Photovoltaikanlagen auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien mit einer installierten Leistung bis zu 30 Kilowatt von der Einkommensteuer befreit. Diese Regelung gilt auch 2024 und soll auf Dauer bestehen bleiben.
Kein bauordnungsrechtlicher Verwendbarkeitsnachweis erforderlich.
Außerdem hat das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) festgehalten, dass Glasmodule von Steckersolargeräten bei typischer Nutzung nicht als Bauprodukte gelten. Damit entfallen bestimmte Einschränkungen durch besondere Anforderungen. Im Gegensatz zu PV-Anlagen, die fest mit dem Stromkreis verbunden sind und bei denen die Verbindung zwischen dem Gebäude und der Stromquelle nicht einfach zu trennen ist, kann die Verbindung zu einem Balkonkraftwerk durch das einfache Ziehen des Steckers aufgelöst werden. Dadurch kann das Balkonkraftwerk vom Nutzer problemlos und ohne großen Aufwand abmontiert werden, zum Beispiel, wenn Mieter:innen ausziehen. Dadurch ist es der Nutzerin oder dem Nutzer möglich, das Balkonkraftwerk ohne großen Aufwand zu demontieren beispielsweise beim Umzug. Weil in diesem Fall die PV-Module nicht dauerhaft in die bauliche Anlage eingebaut werden, sind sie keine Bauprodukte.
Dies bedeutet, dass die Anlagen keinen bauordnungsrechtlichen Verwendbarkeitsnachweis benötigen – es müssen nur noch die allgemeinen Anforderungen an Sicherheit und Ordnung der jeweiligen Landesbauordnungen eingehalten werden. Unter dieser Maßgabe können nun auch klassische Solarmodule aus Glas ohne allgemeine bauaufsichtliche Zulassung bei einer Balkonhöhe von mehr als vier Metern eingesetzt werden, wie beispielsweise an Mehrfamilienhäusern, ohne gegen die jeweilige Bauordnung des Landes zu verstoßen. Weitere Einblicke gibt der Verein „Klimaschutz im Bundestag e.V.“ in seinem Leitfaden.
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