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AufbäumenRegional

Aktion Aufbäumen: Der Weg zum klimastabilen Stadtwald.

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Der Klimawandel macht unseren Wäldern zu schaffen. Förster Florian Diehl erzählt, wie der Ingelheimer Stadtwald klimastabiler wird und welchen Beitrag die Aktion Aufbäumen leistet.

Klimastabiler Stadtwald: Setzlinge machen den Anfang.

Gut acht Monate sind seit unserem Waldaktionstag im Oktober 2023 vergangen. Höchste Zeit, mal nachzufragen, wie es den Setzlingen geht, die engagierte Freiwillige unter dem Motto „Gemeinsam Aufbäumen“ im Ingelheimer Stadtwald gepflanzt haben. Revierförster Florian Diehl hat Ende April nachgeschaut. „Den Bäumchen geht es gut. Sie sind kurz vor dem Austrieb, man sieht schon erste Blätter“, weiß er zu berichten. Der Mann in grüner Arbeitskleidung mit grauem Vollbart und freundlichem Lachen hat in dieser Jahreszeit viel zu tun. Jedes Frühjahr bringt er gemeinsam mit seinem Team jede Menge Setzlinge in die Erde – darunter auch die für die Rheinhessische. Insgesamt haben mittlerweile knapp 3.200 Kund:innen auf Onlinekommunikation umgestellt, einen Tarifwechsel im Strom durchgeführt oder einen Ökostromvertrag abgeschlossen – im Gegenzug spendet die Rheinhessische für jede Aktion einen Baum für den Ingelheimer Stadtwald. „Die haben wir alle schon gepflanzt“, bekräftigt Florian Diehl. Für ihn ist das Pflanzen von Setzlingen ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum klimastabilen Mischwald.

 

Waldpflege: Mischwald und Pionierbäume.

Die meisten Wälder in Deutschland sind Wirtschaftswälder – auch der Ingelheimer Stadtwald. Das heißt, ein Teil der Bäume wird regelmäßig gefällt, das Holz verkauft. Doch während der Nutzwald früher großflächig dem Kahlschlag zum Opfer fiel, nutzt die Forstwirtschaft heute die natürliche Struktur der Wälder. Längst hat es sich gezeigt, dass es besser ist, einen Mischwald zu fördern, anstatt Monokulturen heranzuziehen. „Ein in Art und Alter durchmischter Wald ist deutlich klimastabiler“, bilanziert Florian Diehl. Heute lassen die Forstverantwortlichen zu, dass Pionierbäume, wie die Birke, freie Flächen besiedeln. Pioniere wachsen schnell, verbreiten viele Samen und haben keine großen Ansprüche an Boden und Wasserversorgung. In ihrem Schatten folgen weitere Arten, etwa Buche und Eiche, und so ändert sich nach und nach die Zusammensetzung des Waldes.

„Einen Baum zu pflanzen ist nicht genug“, erklärt Florian Diehl die Aufgaben eines Försters. Damit sich der Wald stabil entwickelt, betreut und pflegt er gemeinsam mit seinem Team den Bestand, entfernt zum Beispiel fehlgewachsene, konkurrierende oder schlagreife Bäume. Auch nicht zukunftsfähige Arten, wie etwa die Fichte, werden entnommen. So sorgt er dafür, dass die schönsten und leistungsfähigsten Exemplare ein hohes Alter erreichen.

Einen Baum zu pflanzen ist nicht genug.“

Florian Diehl

©Martin Leclaire
Revierförster Florian Diehl im Stadtwald Ingelheim

Klimawald: Einsatz für die Mehlbeere.

Dass die Fichte als wichtigste Baumart in unseren Wäldern ausgedient hat, ist kein Geheimnis. War der schnell wachsende Flachwurzler früher in der Forstwirtschaft sehr beliebt, leidet er heute unter höheren Temperaturen, Trockenheit und Borkenkäferbefall. Auch Florian Diehl und seine Kolleg:innen setzen auf Baumarten, die besser mit dem veränderten Klima zurechtkommen, etwa Buche, Bergahorn oder Winterlinde – und auch Mehlbeere. Der kleine, oft mehrstämmige Tiefwurzler kommt mit der zunehmenden Trockenheit gut zurecht. Seine roten Beeren sind bei Vögeln und Insekten äußerst beliebt. Um Setzlinge zu erhalten, die unter den regionalen Bedingungen gut wachsen, scheut das Team keine Mühen: Mit Hubsteigern ernten sie im Herbst die reifen Beeren des heimischen Laubbaums. Damit die Samen keimen, müssen die Helfer:innen das Fruchtfleisch entfernen. In der Natur übernehmen Vögel diese Arbeit, sprich: Die Mehlbeere keimt erst, wenn sie zuvor ihren Weg durch einen Vogelmagen gefunden hat. Der Förster und sein Team erledigen diesen Schritt per Hand. Ausgestattet mit einem Passiergerät namens „Flotte Lotte“, befreien sie die Beeren in mühseliger Kleinarbeit vorsichtig vom Fruchtfleisch. Die so gewonnenen Samen überwintern in einer Kühlkammer, bis sie im März schließlich keimen. Erst, wenn sie eine Größe von mindestens 20 Zentimetern erreicht haben, dürfen die Setzlinge in den Wald umziehen.

Florian Diehl bringt seinen Einsatz für die Mehlbeere auf den Punkt: „Der Wald besitzt nicht nur einen wirtschaftlichen Nutzen, er erfüllt auch eine wichtige Schutzfunktion, etwa für Klima, Böden und Wasser. Und natürlich soll er auch als Ort der Erholung erhalten bleiben.“ So geht es dem Ingelheimer Stadtwald.

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Mehlbeere

Naturverbunden: Jugendworkcamps im Stadtwald.

Den Wald erhalten – das ist für den Förster nicht nur Beruf, sondern Berufung. Seit über 25 Jahren engagiert er sich dafür, die Liebe zum Wald und die Naturverbundenheit an die nächste Generation weiterzugeben. „Ich führe jedes Jahr ein bis zwei Jugendcamps im Ingelheimer Wald durch“, erzählt Florian Diehl. Die Workcamps des ijgd, kurz für Internationale Jugendgemeinschaftsdienste, finden in über 50 Ländern statt. Zwei bis vier Wochen lang unterstützen Freiwillige aus der ganzen Welt ein gemeinnütziges Projekt. Hier in Ingelheim bedeutet das: Sie pflanzen Setzlinge, bauen Schutzzäune, pflegen Biotope – und lernen eine ganze Menge über das Ökosystem Wald. „In diesem Jahr haben die neun Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Niederlanden, Indonesien, Dänemark, der Türkei, Belgien, Serbien, Spanien, Hong Kong und Albanien insgesamt 3.500 Setzlinge gepflanzt“, zählt Florian Diehl auf. Er ist froh über die Unterstützung der jungen Erwachsenen. „Im Frühjahr muss alles schnell gehen, die Bäume müssen in die Erde“, erklärt er. Auch die Aktion Aufbäumen bewertet Florian Diehl positiv: „Die Kampagne sensibilisiert die Menschen für den Natur- und Klimaschutz. Ich freue mich, dass sich so viele Menschen für ihren Stadtwald einsetzen.“ Da kann der nächste Waldaktionstag kommen!

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